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Camps und Hausordnungen – eine Infoseite

In einer gelungenen Kooperation mit unseren Kreis- und Stadträt*innen in den Landkreisen und Städten in Sachsen können wir präsentieren: eine Ampel-Analyse zu Hausordnungen von Geflüchtetenunterkünften! Warum? Weil es Hausordnungen von Sammelunterkünften – den Aufnahmeeinrichtungen des Landes wie der Gemeinschaftsunterkünfte der Kommunen – sind, die den Menschen das Leben schwer machen.
 
Klar wird: kein einziges Mal konnte die Farbe “grün” vergeben werden. Das heißt, Zimmerdurchsuchungen finden ständig statt und damit Verstöße gegen Artikel 13 Grundgesetz, der den Schutz der Wohnung garantiert. Menschen werden aus der Unterkunft geworfen, weil sie gegen die Hausordnung verstoßen haben sollen. Nicht mal der alltägliche Verzehr von Lebensmitteln ist immer möglich. An Gewaltschutzkonzepten mangelt es und wenn es sie gibt, sind sie oft zum Haare raufen. Die Mindeststandards vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und UNICEF erfüllen sie nicht.

Mit dieser Seite geben wir nun allen Aktiven in Sachsen, Geflüchteten, Berater*innen, Ehrenamtlichen, Stadt- und Kreisrät*innen eine Grundlage um zu erfahren, wie der Stand der Grundrechte bei Ihnen vor Ort ausschaut. Und: wir zeigen, wie gegen restriktive Hausordnungen und damit Camps per se vorgegangen werden kann.

Auf dieser Infoseite stellen wir wir bereit…

  1. Die Ampelanalyse
  2. Alle Hausordnungen der kreisfreien Städte und Landkreise
  3. Alles, was ihr benötigt, um selber juristisch und politisch aktiv gegen die Camps zu werden
  4. Unsere #CampTours
  5. Einen kurzen Hintergrund: Was sind Camps?
  6. Wofür wir stehen: dass Unterbringungspolitik zu Wohnungspolitik wird!

Aber: lange Rede kurzer Sinn, hier zunächst die

I. Ampelanalyse:

Es zeigt sich: gerade die sächsische Hausordnung ist besonders restriktiv. Alles rot, außer einmal gelb beim Gewaltschutzkonzept, das, again, den Namen nicht verdient. Bezüglich der Kommunen bestehen starke Variationen. Einige haben eine Hausordnung für alle Gemeinschaftsunterkünfte, andere spezifisch für jede einzelne eine andere.

II. Alle Hausordungen der Landkreise, kreisfreien Städte und des Freistaats…

…hier für die eigene Recherche und das Aktivwerden verlinkt:

III. Lager Watch – Werdet selber aktiv! 

Zunächst: in Sachsen ist schon etwas Vorarbeit geleistet worden, damit die Hausordnungen angegriffen werden können. Der Sächsische Flüchtlingsrat e.V., das Antidiskriminierungsbüro e.V. und der Leipziger Initiativkreis: Menschen.Würdig. haben ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Der Jurist Martin Wiesmann führt darin aus:

„Solche Grundrechtseingriffe sind nur in Justizvollzugsanstalten haltbar. Dort geschehen sie auf Basis eines parlamentarisch verabschiedeten Gesetzes. Hausordnungen können intensive Eingriffe nicht rechtfertigen. Die Sanktionsmöglichkeiten sind verfassungsrechtlich hinten und vorne nicht haltbar. So, wie die Hausordnung ausgestaltet ist, wird regelmäßig gegen Art. 13 Grundgesetz verstoßen – dem Schutz der Wohnung.“

Martin Wiesmann im Rechtsgutachten “Hausordnungen in Aufnahmeeinrichtungen”, veröffentlicht am 26. Mai 2021 auf einer Pressekonferenz von Antidiskriminierungsbüro Sachsen, Sächsischem Flüchtlingsrat und Leipziger Initativkreis: Menschen.Würdig.

Soweit, so klar der Handlungsbedarf. Wie kann das Rechtsgutachten nun praktisch angewendet werden? Im Grunde ist es ganz einfach, denn bereits eine Zimmerdurchsuchung ist die Grundrechtsverletzung. Alles, was hierfür benötigt wird, ist Folgendes:

  • eine möglichst genaue Beschreibung/ Rekonstruktion des Vorgangs, bei dem in Grundrechte eingegriffen wurde –> unterschrieben mit den folgenden Inhalten:
    • Wo genau (Zimmer, Tor, Hof, etc.)?
    • Wer (Sozialarbeiter*innen, Security, …) und wie viele?
    • Wann?
    • Was ist geschehen?
    • Wie lange dauerte der Vorfall?
    • Welche Begründung wurde für den Grundrechtseingriff gegeben?
    • Das Ganze sollte auf eine halbe bis eine ganze A4-Seite passen, mehr Aufwand ist es nicht.
  • Verfahrensvollmacht für eine*n Anwält*in –> wir sind mit einem Anwalt in Kontakt, der zu diesen Verfahren informiert und gewillt ist, sie vor dem jeweiligen Verwaltungsgericht in Sachsen zu führen. Schreibt uns dafür an camptours@linxx.net.

Get started!

Lager Watch ist eine bundesweite Kampagne [https://lager-watch.org/], die sich das Ende aller Lager in Deutschland zum Ziel gesetzt hat. Die Hausordnung wurde dafür als gute Angriffsfläche kristallisiert. Deswegen: werdet selber aktiv, wartet nicht auf uns! Die Menschenrechtsverstöße gehen uns alle an. Was könnt IHR tun? Dazu wird im Aufruf der Kampagne Folgendes geschrieben:    

“Wie anfangen?

  • Erkundigt euch, wo bei euch das nächste Lager steht. Das kann eine Aufnahmeeinrichtung des Landes sein, möglicherweise aber auch eine große Gemeinschaftsunterkunft in der Verantwortung eurer Stadt oder eures Landkreises. 
  • Tretet mit den Bewohner*innen in Kontakt! Sprecht mit ihnen, gebt ihnen eine Stimme, veröffentlicht Videos, Interviews, unterstützt Bewohner*innen dabei, sich zu organisieren und Forderungen aufzustellen!
  • Dokumentiert Grundrechtseingriffe wie das Durchsuchen von Zimmern, gewalttätige Securities, Sanktionen wie ein Hausverbot und weiter. Sprecht mit den Betroffenen darüber, ob sie einer Veröffentlichung zustimmen. 
  • Organisiert euch die Hausordnung des jeweiligen Lagers! Das ist in einigen  Bundesländern beispielsweise über Kontakte in die Lager gelungen –  Hausordnungen müssen ausgehangen werden. Oder gewinnt Abgeordnete oder Stadt-/ Kreisrät*innen und legt ihnen Anfragen an Stadt oder Landesregierung nahe, in denen ihr die Veröffentlichung der Hausordnung verlangt. Möglicherweise hat auch der Flüchtlingsrat eures Bundeslands  bereits Hausordnungen recherchieren können.
  • Initiiert selber Rechtsgutachten zur jeweiligen Hausordnung!
  • Bringt die Kritik in die Presse! Vermittelt Geflüchtete an Journalist*innen, damit sie direkt berichten können, was hinterm Lagerzaun vor sich geht. 
  • Macht mit Aktionen, Kundgebungen, Flashmobs, Social-Media-Kampagnen auf die Zustände im Lager aufmerksam. 
  • UND  NICHT ZULETZT: Schließt euch unserem bundesweiten Vernetzung an um einen Überblick zu bekommen, was anderswo gilt, welche Strategien in anderen Kommunen oder Bundesländern gefahren werden. “

IV. linXXnet #CampTours

Diese Videos werden via youtube.com bereitgestellt. Um die Verbindung zu youtube zu erlauben und die Inhalte zu laden, musst du den Datenschutzrichtlinien von Google/Youtube zustimmen.

Wenn du diese akzeptierst, wird deine Auswahl gespeichert und die Seite aktualisiert sich.

Das erste Video von #CampTours. Im Interview: Ibrahim, Bewohner von Dölzig Camp.

Wir haben #CampTours gestartet! Mohsen und Mark aus dem linXXnet fahren zunächst vor die Aufnahmeeinrichtungen des Freistaats Sachsen und sprechen mit den Menschen, gehen auf ihre Rechte ein und wie sie sie durchsetzen können. Denn: in einem repressiven System wird dies ganz bewusst von Behörden und Betreibern nicht unternommen, ja, Verantwortlichkeiten werden gar verschleiert. So ist vielen Bewohner*innen in Dölzig nicht bewusst, dass sie sich an die Landesdirektion wenden müssen – nicht an die Malteser – wenn sie beispielsweise einen Antrag einreichen wollen. Und: die Hausordnungen sollen angegriffen werden. Dafür ermutigen wir Menschen, Klagen gegen Grundrechtsverstöße – durch die Hausordnung legitimiert – einzureichen.
Alsbald werden wir uns auch mit den Gemeinschaftsunterkünften der Kommunen beschäftigen :)) Alle Videos gibt es hier:        https://www.youtube.com/watch?v=R2Bz-5NMbEI

V. Hintergrund: Was genau sind die Camps?


Derzeit unterhält der Freistaat Sachsen zehn Aufnahmeeinrichtungen. Aktuelle Belegungszahlen stellt der Sächsische Flüchtlingsrat auf Basis von Jules Kleinen Anfragen im Landtag zusammen:

Weitere Grafiken, auch zur dezentralen Unterbringungsquote oder zu Abschiebungen, gibt’s hier. Jule richtet zu zahlreichen weiteren Aspekten der Lagerunterbringung immer wieder Fragen an die Staatsregierung, zum Beispiel zu besonderer Schutzbedürftigkeit, zu Schulungen von Mitarbeiter*innen oder dem Verhältnis von Landesdirektion und Lager-Betreibern. Ihr habt spezifische Rechercheinteressen und erhofft euch Antworten in den Anfragen? Schreibt uns unter camptours@linxx.net.

Regulär können Menschen für die Zeit ihres Asylverfahrens – wenn sie abgelehnt werden auch darüber hinaus – bis zu 18 Monate verpflichtet sein, im Camp zu bleiben. Bei Menschen aus Staaten, denen eine “schlechte Bleibeperspektive” unterstellt wird, können das sogar bis zu 24 Monate sein.


Wenn denn der begehrte “Transfer” in eine(n) der 13 Landkreise oder kreisfreie Städte vonstatten gehen, kann ein böses Erwachen folgen. Denn eine Wahl, wohin die Menschen transferiert werden, haben sie nicht. Und: es kann sein, dass die Person in eine Gemeinschaftsunterkunft verlegt werden. Das kann, muss nicht schlimm sein. Einige Gemeinschaftsunterkünfte bestehen aus abschließbaren Apartments mit eigener Küche und Bad. Andere sind jedoch, wie die Aufnahmeeinrichtungen, nicht anders zu bezeichnen denn als Lager.

VI. Dann muss Unterbringungspolitik zu Wohnungspolitik werden!

Grundsätzlich fordern wir, dass auch Geflüchtete in einer eigenen Wohnung leben können, vom ersten Tag ihrer Ankunft an. Eine eigene Wohnung bietet die notwendige Privatsphäre und ist essentielle Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Soziale Betreuung wird schon heute in vielen Landkreisen und Kommunen auch dezentral oder/und Anlaufstellen im Sozialraum angeboten. Allein die Stadt Leipzig versteht in Sachsen unter “dezentraler Unterbringung” übrigens das Wohnen in einer eigenen Wohnung mit eigenem Mietvertrag.

Die Entwicklung der dezentralen Unterbringungsquote – mit Vogtland als langjährigem Spitzenreiter und Bautzen als ewigem Schlusslicht – hier:

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Das war der Girls’Day 2021

Im Jahr der Bundestagswahl lud das LINKE Projekte- und Abgeordnetenbüro linXXnet alle interessierten Mädchen* ein, über Politik ins Gespräch zu kommen und selbst aktiv zu werden. Wir wollten von euch hören, welche politischen Themen euch interessieren und was euch vielleicht im Politikbetrieb auf die Nerven geht. Im Gespräch mit LINKEN Politikerinnen und außerparlamentarischen Aktivistinnen konntet ihr eure Themen setzen, Fragen stellen und Einblicke bekommen, wie und wo junge Frauen Politik machen. Daraus entwickelte ihr einen eigenen Podcast. Pandemiebedingt fand das alles online statt.

Und die Resultate kann man auf soundcloud.com anhören: https://soundcloud.com/linxxnet/sets/girlsday-2021

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#WöllerRücktritt – Die Wöller-Timeline

Es wurde nun Zeit. Nach dem “letzten” #Polizeiskandal in #Sachsen haben wir die “Verdienste” des sächsischen Innenminister #wöllerrücktritt mal zusammengetragen. Chronologisch in einer Timeline. Zum Scrollen. Und ergänzen: www.woeller-ruecktritt.de

#WöllerRücktritt - Die Wöller-TImeline

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Statement des linXXnet zur aktuellen Debatte um die Polizei

Mit diesem Text wollen wir all jenen Menschen eine Stimme geben, die sich mit den bedingungslos polizeisolidarischen Statements, die auch Linke im Zuge der aktuellen Debatte formulierten, nicht identifizieren können. Gemeinsam möchten wir stattdessen für eine differenzierte, faktisch fundierte und vor allem wirklich linke Position gegenüber der Polizei eintreten.

Am 25. Mai 2020 wird George Floyd in Minneapolis von einem Polizisten brutal festgenommen und getötet. Es entbrennen massive Proteste, die über den Ozean auch nach Europa und nach Deutschland schwappen. Große Demonstrationen der Solidarität mit von Rassismus und rassistischer Polizeigewalt Betroffenen füllen auch in der Bundesrepublik die Straßen.

Endlich findet diese wichtige, zu oft beiseite geschobene Problematik Eingang in die breite öffentliche Debatte und macht sichtbar, was totgeschwiegen wurde: Rassismus ist – auch in den Behörden und auch in der Polizei – kein vereinzeltes Problem, sondern ein strukturelles.

Die Parteinahme der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken für die vielen Black and People of Color, die auf den Plätzen der Bundesrepublik über ihre eigenen negativen Erfahrungen mit der Polizei sprachen, sorgte für Stürme der Entrüstung. Das zufällig in dieser Zeit in Berlin erlassene Antidiskriminierungsgesetz, welches auch Behörden an den im Grundgesetz verfassten Gleichbehandlungsgrundsatz bindet und es Betroffenen von Diskriminierung erleichtert, ihre Rechte durchzusetzen, brachte wütende Vertreter*innen der Polizeigewerkschaften und konservative Politiker*innen auf den Plan. Der Bundesinnenminister sprach sogar von einer „Diskriminierung“ der Polizei durch das Gesetz.

Viele Reaktionen auf die aktuellen politischen Debatten und Maßnahmen zeigen, dass die Polizei noch immer einen Status als „heiliger Gral“ hat. Kritiker*innen polizeilichen Handelns wird schnell vorgeworfen, zu pauschalisieren, mit Recht und Gesetz zu fremdeln oder gar staatsfeindlich zu sein. Auf diese Weise wird Kritik delegitimiert und die Polizei vor Kritik immunisiert.

Mitten im Chor der bedingungslosen Verteidiger*innen der Polizei finden sich in den vergangenen Wochen immer wieder Funktionsträger*innen unserer Partei.

„Rassismus in der Polizei muss wie überall konsequent bekämpft werden. Die Polizei aber unter den Generalverdacht des Rassismus zu stellen, ist falsch. Polizistinnen und Polizisten verdienen mehr Anerkennung.“, twitterte der Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Dietmar Bartsch , beispielsweise  am 9. Juni 2020.

Auch unmittelbar nach den gewaltsamen Ausschreitungen in Stuttgart stimmte er am 21. Juni via Twitter in den Tenor der Law-and-Order-Politiker*innen ein, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Hintergründe der Geschehnisse bekannt waren.
Dabei haben wir erst vor wenigen Monaten anhand der medialen Aufarbeitung der Silvesternacht am Connewitzer Kreuz erlebt, wie die Polizei zuweilen in ihrer Öffentlichkeitsarbeit als politischer Akteur agiert und die Debatte zugunsten konservativer und rechter Positionen beeinflusst, die nach mehr Repression, mehr Befugnissen und mehr Militarisierung der Polizei schreien.

Mit diesem Text wollen wir all jenen Menschen eine Stimme geben, die sich mit den bedingungslos polizeisolidarischen Statements, die auch Linke im Zuge der Debatte formulierten, nicht identifizieren können. Gemeinsam möchten wir stattdessen für eine differenzierte, faktisch fundierte und vor allem wirklich linke Position gegenüber der Polizei eintreten.

Wir erheben keinen Generalverdacht. Natürlich sind nicht alle Polizist*innen rassistisch. Tatsächlich ist die Polizei im Zuge der aktuellen Diskussion auch noch von keiner Seite „unter den Generalverdacht des Rassismus“ gestellt worden. Die einzigen, die jenes behaupten, sind konservative und rechte Politiker*innen sowie die Wortführer der Polizeigewerkschaften, welche mit verzerrten Statistiken über tätliche Angriffe auf Polizeibeamt*innen und vermeintlich mangelnde Anerkennung der Polizei in der Bevölkerung alle Polizist*innen als Opfer inzenieren und somit eine Emotionalisierung der Diskussion erreichen wollen, die ihnen sehr gelegen kommt. Schließlich lässt sich damit umso einfacher verschleiern, dass die Regierungen und großen Polizeigewerkschaften letztendlich die Schuld daran tragen, dass wir strukturellen Rassismus und demokratiefeindliche Bestrebungen innerhalb der Polizei nur als „Verdächtigungen“ benennen können – denn seit jeher stemmen sich CDU, DPolG und GdP mit aller Kraft gegen tiefgreifende Studien zu diskriminierenden Einstellungen bei der Polizei, unabhängige Beschwerdestellen, eine Dokumentationspflicht von Personenkontrollen oder eine Kennzeichnungspflicht, also schlichtweg jede Form der demokratischen Kontrolle und Transparenz polizeilichen Handelns.

Umso weniger können wir deshalb nachvollziehen, weshalb Linke auf das kalkulierte Empörungskarussell über einen angeblichen Generalverdacht gegenüber der Polizei aufspringen und damit konservative und rechte Schlagworte reproduzieren, statt differenziert und kritisch auf die offensichtliche Schieflage der Debatte einzugehen.

Weiterhin müssen wir auch ohne eine breite Faktenlage zur Kenntnis nehmen, dass es im Polizeiapparat ein strukturelles Rassismusproblem gibt und dass die Aufgaben, die der Polizei als Teil der Exekutive zugewiesen sind, auch das Exekutieren von staatlichem Rassismus bedeuten.

Anhand zahlreicher aufgedeckter Missstände, zum Beispiel Ermittlungen gegen Polizeibeamte wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, der Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene, vgl. https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextremismus-bei-der-polizei-zu-viele-einzelfaelle.724.de.html?dram:article_id=466389, das rechte Netzwerk in der hessischen Polizei, die rassistische Hetze in einer Chatgruppe von sächsischen Polizeischülern, der Umgang mit Journalisten (etwa der „Hutbürger“-Skandal), rechte Verstrickungen (Stichwort: Nordkreuz-Gruppe, angeleitet von einem LKA- und SEK-Beamten) und Ermittlungsgebahren wie beim NSU-Komplex, lässt sich aus unserer Sicht sagen: Die Polizei ist nicht einfach nur ein Spiegel der Gesellschaft – autoritäre, konservative und diskriminierende Einstellungen finden sich hier verdichtet wieder.

Soziolog*innen wie der Polizeiforscher Rafael Behr weisen darauf hin, dass sich diese Einstellungen oft im Laufe einer Polizeikarriere ausbilden. Und es ist gerade die Abgeschlossenheit von Teilen des Polizeiapparates, es sind unhinterfragte rassistische oder politische Feindbilder bei Polizeibeamt*innen, es ist ein Korpsgeist und es ist die mangelnde demokratische Kontrolle, die interne Selbstreflexion und Veränderungen verhindern.

Darum ist es für uns als LINKE mehr als angebracht, eine kritische Position zu polizeilichem Handeln zu vertreten, anstatt sich wieder und wieder vollumfänglich und kritiklos an deren Seite zu stellen.

Viele von uns haben in ihrem politischen Wirken Polizeigewalt erlebt. Und wir wissen zu gut, dass die Ahndung derselben wohlüberlegt sein muss. Entweder führen Anzeigen ins Leere, oder dazu, dass wir selbst angezeigt werden. In diesem Sinne ist unser Platz als LINKE an der Seite derer, die durch die Staatsgewalt entrechtet und entmündigt werden. Wir sind verantwortlich dafür, illegitime Polizeigewalt anzuprangern und Ideologien der Ungleichwertigkeit innerhalb des Polizeiapparates klar zu benennen und zu bekämpfen.

Wir stehen als Mitglieder und Freund*innen der LINKEN in unserer täglichen Arbeit an der Seite derer, die in der Nähe der Bahnhöfe von der Polizei kontrolliert werden, weil sie eine andere Hautfarbe haben. Wir stehen vor der Tür unserer Freund*innen, die von der Polizei abgeholt werden um abgeschoben zu werden. Wir sitzen in der Blockade nebeneinander, um Neonazis den Weg zu versperren und passen aufeinander auf, wenn die Polizei uns räumen will. Wir hinterfragen polizeiliche Pressemeldungen und stellen Gegenöffentlichkeit her, wenn Medien diese einfach übernehmen. Wir arbeiten in Untersuchungsausschüssen, Parlamenten und im Ehrenamt an der Aufdeckung rechter Netzwerke und stoßen dabei nicht selten auf Verflechtungen auch in die Polizei.

Wir arbeiten auf allen Ebenen für soziale Sicherheit und solidarische Nachbarschaften anstelle von Überwachung und Kontrolle. Auf den verschiedenen parlamentarischen Ebenen und in außerparlamentarischen Initiativen und Bündnissen streiten wir letztendlich für eine grundlegende Reform der Polizei. Das bedeutet unter anderem die Einführung einer Kennzeichnungspflicht, eine unabhängige Beschwerdestelle für Polizeibeamt*innen und Bürger*innen, die Auflösung geschlossener Polizeieinheiten, das explizite Verbot von Racial Profiling, die Dokumentationspflicht von Personenkontrollen und die Stärkung von Demokratie- und Menschenrechtsbildung im Rahmen der Polizeiausbildung.

Wir appellieren an den Vorsitzenden der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Dietmar Bartsch, seine Äußerungen im Lichte unserer programmatischen Verortung als Partei DIE LINKE zu bedenken:

Wir wollen alle gesellschaftlichen Verhältnisse überwinden, in denen Menschen ausgebeutet, entrechtet und entmündigt werden und in denen ihre sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen zerstört werden.

Wir appellieren an alle Linken, die sich in den vergangenen Wochen bedingungslos hinter die Polizei gestellt haben, ihre einseitigen Stellungnahmen zu überdenken, den Mangel an grundlegenden Kontrollmöglichkeiten der Polizei im Sinne der Gewaltenteilung zu hinterfragen und der Lebensrealität der vielen Menschen Rechnung zu tragen, in deren Wahrnehmung polizeiliches Handeln oft mit persönlicher Angst und Ohnmacht verbunden ist und die Polizei als Institution aus guten Gründen umfassend reformiert werden sollte.

Das linXXnet im Juli 2020

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